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Rechtliche Aspekte der EfA-Nachnutzung

- Erschienen am 10.10.2022

Den Themenfeldfederführern (jeweils umsetzende Bundesländer) obliegt die Entscheidung, welches rechtliche Nachnutzungsmodell für welchen anzubietenden Online-Dienst gewählt wird. Im Wesentlichen bestehen derzeit vier rechtliche Optionen für die EfA-Nachnutzung: 1. FIT-Store, 2. govdigital, 3. Kommunalvertreter-Modell (auch sog. NRW-Modell genannt) oder 4. Verwaltungsvereinbarung.

Im Folgenden wird skizziert, welche dieser Nachnutzungsmodelle für die Brandenburgischen Landesbehörden und Kommunen Anwendung finden können. Dabei wird u. a. Bezug genommen auf die von der Föderalen IT-Kooperation (FITKO) bereit gestellte Übersicht zur EfA-Nachnutzung und den EfA-Nachnutzungsmodellen (vgl. FITKO-Webseite), welche verschiedene Rechtsalternativen für den Bezug und die Nachnutzung von EfA-Leistungen ohne Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen gem. Teil 4 Kapitel 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Art. 97 ff. GWB) beschreibt.

1. FIT-Store

Landesbehörden können EfA-Leistungen anderer Länder unter Nutzung der dafür vorgesehenen Software as a Service (SaaS)-Vertragstypen (Download unter: https://www.fitko.de/fit-store) direkt über den FIT-Store durch Kontrahierung mit der FITKO beziehen und nachnutzen. Rechtsgrundlage für den vergaberechtsfreien Leistungsbezug ist § 108 Abs. 1 bis 5 GWB, da die FITKO als gemeinsam von Bund und Ländern errichtete und kontrollierte Anstalt (Art. 5 ff. IT-Staatsvertrag) befugt ist, Inhouse-Geschäfte im Sinne der genannten Rechtsvorschrift gegenüber den Ländern zu tätigen.

2. govdigital

Da weder die Kommunen noch ihre Spitzenverbände auf Landes- und Bundesebene zu den Trägern der FITKO zählen, ist ein direkter Bezug von EfA-Leistungen aus dem FIT-Store über die FITKO durch die Kommunen ohne Ausschreibung vergaberechtlich nicht möglich. Dies soll durch das so genannte Genossenschaftsmodell der govdigital geheilt werden. Für Brandenburgische Kommunen als Mitglieder der DIKOM besteht zukünftig die Möglichkeit des Bezuges von EfA-Leistungen aus dem FIT-Store über die govdigital, zu deren Genossenschaftsmitgliedern sowohl die FITKO als auch die ProVitako, deren Mitglied die DIKOM ist, zählen; aufgrund der Verkettung von Inhouse-Beziehungen werden auch hier aus Sicht der Länder die Voraussetzungen für den vergaberechtsfreien Bezug von EfA-Leistungen nach § 108 Abs. 1 bis 5 GWB als erfüllt angesehen. Alternativ wäre nach den vorstehenden Grundsätzen auch der Direkterwerb einer Mitgliedschaft bei der ProVitako oder der govdigital durch eine Kommune des Landes Brandenburg denkbar, um die vergaberechtliche Voraussetzung eines Inhouse-Geschäfts abzubilden. Die Mitgliedschaft in der DIKOM steht auch den Landkreisen des Landes Brandenburg offen.

Bislang sind 22 Städte, 20 Gemeinden und 13 Ämter Mitglied der DIKOM (Stand Juli 2022, siehe Änderungssatzung der DIKOM), d. h. diese Kommunen haben die Möglichkeit, EfA-Leistungen gemäß dem beschriebenen Modell govdigital nach zu nutzen. Auf Kreisebene wird durch den Landkreistag Brandenburg eine andere Lösung präferiert. Danach wird eine Mitgliedschaft im Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen (KISA) empfohlen, da der kommunale IT-Dienstleister im Freistaat Sachsen nach seiner Struktur und seinem Leistungsangebot stärker auf die Bedarfe von Landkreisen zugeschnitten sei. Die Entscheidungsprozesse auf Kreisebene sind gegenwärtig noch anhängig.

3. Kommunalvertreter-Modell („NRW-Modell“)

Der Beitritt einer Kommune zu der als Kommunalvertreter-Modell bezeichneten interöffentlichen Kooperationsvereinbarung (iöV) (vgl. FITKO-Übersicht, Ziffer 1.3) hätte rechtlich aufgrund von § 108 Abs. 6 GWB zur Bedingung, dass jeder Kooperationspartner einen eigenen Leistungsanteil zur Entwicklung oder Bereitstellung eines oder mehrerer OZG-Leistungsangebote in die Zusammenarbeit einbringen müsste. Lediglich finanzielle Beiträge reichen hiernach als Kooperationsbeitrag nicht aus.

Diese Voraussetzung können – auch nach Einschätzung der Kommunalen Spitzenverbände Brandenburgs – allenfalls durch wenige Brandenburgische Kommunen erfüllt werden. Dem entsprechend ist das Kommunalvertreter-Modell NRW nach seiner Zielstellung vorrangig auf den Beitritt größerer IT-Dienstleister oder kommunaler IT-Verbünde ausgerichtet, die ihrerseits bereits eine Vielzahl von Kommunen im Wege von Inhouse-Beziehungen im Sinne des § 108 Abs. 1 bis 5 GWB bündeln.

4. Verwaltungsvereinbarung

Verwaltungsabkommen zwischen den Ländern (umsetzendes und nachnutzendes Land) oder dem Bund und den Ländern wirken nur inter partes und nicht gegenüber den Kommunen. Dies kann als vergaberechtlich zulässig angesehen werden, wenn auf das Bund-Länder-Verwaltungsdachabkommen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (vgl. Dachabkommen) Bezug genommen wird und dieses ausdrücklich als Grundlage in der Verwaltungsvereinbarung genannt ist. Das Dachabkommen greift bereits in seiner Präambel die länderübergreifende Zusammenarbeit gemäß Art. 91c GG auf und stellt insofern den Kontext zum Kooperationsmodell nach § 108 Abs. 6 GWB und der dem zugrunde liegenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) her. In dem Dachabkommen wird insbesondere auch der gegenseitige Leistungsaustausch nach dem Grundsatz „Einer für Alle“ (EfA-Prinzip) als Grundlage des vorbezeichneten vergaberechtlichen Befreiungstatbestandes geregelt. Damit lassen sich die Voraussetzungen der Zusammenarbeit zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Sinne des § 108 Abs. 6 Satz 1 GWB auf Länderebene als erfüllt ansehen.

Über die Bund-Länder-Zusammenarbeit hinausgehende Verwaltungsvereinbarungen unter Einbeziehung der Kommunalebene entsprechen dem Kommunalvertretermodell NRW, so dass auf die vorstehenden Ausführungen zu Ziffer 3 verwiesen werden kann. Verwaltungsabkommen, denen nicht das EfA-Prinzip im Sinne des OZG-Dachabkommens zugrunde liegt (z. B. Länderkooperationen außerhalb einer Themenfeldführerschaft), müssten in vergleichbarer Weise die Kooperationsanforderungen des § 108 Abs. 6 GWB erfüllen.