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"Der erste Schritt in die richtige Richtung ist getan"

Ein Interview mit den Pilotkommunen zur erfolgreichen Pilotierung des Online-Dienstes Aufenthaltstitel

- Erschienen am 10.02.2021

Seit dem 3. Dezember 2020 können Ausländerinnen und Ausländer in zwei Pilotkommunen in Brandenburg den Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit erstmals online beantragen.

Im Interview berichten Heidi Neugebauer (Landkreis Teltow-Fläming) und Marco Hanke (Landkreis Elbe-Elster), zwei beteiligte Projektverantwortliche aus den brandenburgischen Pilotkommunen, von ihren Erfahrungen.

In welcher Kommune/ in welchem Bereich arbeiten Sie und welche Aufgaben nehmen Sie dort wahr?

Neugebauer (Landkreis Teltow-Fläming): Ich bin Projektsachbearbeiterin in der Ausländerbehörde im Landkreis Teltow-Fläming. Neben der Bearbeitung von aufenthaltsrechtlichen Anträgen betreue ich die laufenden Projekte in der Ausländerbehörde.

Hanke (Landkreis Elbe-Elster): Mein Name ist Marco Hanke. Ich arbeite für den Landkreis Elbe-Elster und bin dort im Ordnungsamt Sachgebietsleiter für Öffentliche Ordnung. Darunter fällt auch die Zuständigkeit für die Ausländerbehörde.

Die Online-Lösung zur Leistung „Aufenthaltstitel“ wurde von Ihnen – dem Landkreis Elbe-Elster, dem Landkreis Teltow-Fläming – sowie der Landeshauptstadt Potsdam – gemeinsam mit dem Land Brandenburg entwickelt. Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Hanke: Durch das MIK wurde bei den Ausländerbehörden des Landes Brandenburg ein Interessenbekundungsverfahren zur Mitarbeit bei diesem OZG-Projekt durchgeführt. Der Anteil der im Landkreis Elbe-Elster aufhältigen ausländischen Bevölkerung war und ist sehr gering. Es sind derzeit insgesamt sechs Mitarbeiter in der Ausländerbehörde tätig. Die Möglichkeiten des Landkreises Elbe-Elster eine eigene OZG-Verfahrenslösung zu schaffen sind eher begrenzt. Somit war das Interesse des Landkreises Elbe-Elster an der Mitarbeit zur OZG-Lösung „Aufenthaltstitel“ geboren.

Neugebauer: Das MIK ist an die Ausländerbehörden herangetreten. Der Landkreis Teltow-Fläming hat Interesse bekundet, nicht zuletzt, weil die Möglichkeit und auch Notwendigkeit erkannt wurden, sowohl die Antragstellung für den ausländischen Bürger als auch die Vorgänge in der Ausländerbehörde zu vereinfachen.

An den Umsetzungsprojekten im Themenfeld waren und sind eine Vielzahl von Akteuren auf kommunaler Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene beteiligt. Wie lief die Zusammenarbeit ab? Welche Aufgaben haben Sie übernommen?

Hanke: Dieses OZG-Produkt „Aufenthaltstitel“ ist in zwei Phasen entstanden. In der ersten Phase fand die Planung statt und in der zweiten Phase die Umsetzung. Die Phase der Planung wurde überwiegend durch die Beraterfirma McKinsey koordiniert. Es fanden Workshops und Steuerungskreise und Telefonkonferenzen statt. Die Beteiligung der verschiedenen Akteure auf kommunaler Ebene sowie auf Landes- und Bundesebene hat sich im Laufe der Planungsphase stets erweitert. Das wurde insbesondere notwendig, da die OZG-Leistung „Aufenthaltstitel“ nachnutzbar sein soll. Auch wurden die unterschiedlichsten hierarchischen Zuständigkeiten in die Planung einbezogen. In der Planungsphase bestand meine Beteiligung überwiegend in der Informationsweitergabe. Dazu wurden insbesondere Abläufe beschrieben, Verfahren erläutert und Zusammenfassungen kommentiert. Die zweite Phase der Umsetzung erfolgte unter der Federführung des MIK Brandenburg. Hier wurden regelmäßig Telefonkonferenzen durchgeführt. Meine Beteiligung bestand hier in der Testung der vom MIK zu Verfügung gestellten Softwarekomponente und der Koordination zur Nutzung in der IT-Infrastruktur des Landkreises Elbe-Elster.      

Neugebauer: Ich selbst bin erst Anfang 2020 zum Projektteam gestoßen. Bis dahin fanden zusätzlich zu den regelmäßigen Besprechungen Schwerpunktmeetings zum Datenschutz und zur technischen Umsetzung statt, zu denen neben den Projektmitgliedern weitere Akteure hinzugezogen wurden. An dieser Stelle muss unbedingt die Projektleitung von Herrn Dr. Richter vom MIK hervorgehoben werden, der uns durch dieses Projekt geführt und die Basis für eine gute Zusammenarbeit aller Akteure geschaffen hat. In der Planungsphase waren die Ausländerbehörden insbesondere in den Workshops zur Analyse des IST-Zustands und der Entwicklung der SOLL-Prozesse aktiv, haben Interviewpartner zum Testen der Antragsstrecke gewonnen und am Expertengremium zum Datenaustauschformat „XAusländer“ teilgenommen. In der Umsetzungsphase lag der Schwerpunkt unserer Arbeit bei der technischen Einbindung und der Vorbereitung und Durchführung des Freigabeverfahrens im eigenen Haus.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie bislang und wie haben Sie diese gemeistert?

Neugebauer: Eine große Herausforderung bestand natürlich darin, das Projekt zusätzlich zu den täglichen Arbeitsaufgaben zu stemmen. Als Projektverantwortliche musste ich zudem einen Weg finden, die für die Umsetzung des Projektes notwendigen Akteure in der Kreisverwaltung zusammenzuführen und zu mobilisieren.

Hanke: Für mich bestand die größte Herausforderung darin, neben der täglichen Arbeit auch ein sinnvoller Impulsgeber für dieses Projekt sein zu können. Zu Beginn des Projektes war nur wenig von meiner Zeit nötig. Dies hat sich jedoch in der Umsetzungsphase geändert. Hier war ein deutlich höherer Zeitaufwand zur Mitarbeit im Projekt nötig. Folglich habe ich mir insbesondere für die wöchentlichen Telefonkonferenzen regelmäßig meinen Zeitkorridor eingeplant.    

Welche Erfahrungen haben Sie bisher als Pilotkommunen gesammelt, von denen auch andere Städte, Landkreise und Gemeinden bei Digitalisierung ihrer jeweiligen Verwaltungsleistungen profitieren können?

Hanke: In der ersten Auftaktveranstaltung der Planung in diesem Projekt waren noch die Worte zu hören, es geht nicht zu digitalisieren. Wenn man nun das Ergebnis sieht, geht es doch. Für mich persönlich war die Mitarbeit in dem Projekt aufschlussreich um Einblicke in die Digitalisierungsprozesse zu gewinnen. Davon erhoffe ich mir eine Nachnutzbarkeit für andere Prozesse in meinem Arbeitsbereich. Zudem zeigt das Ergebnis, dass trotz der unterschiedlichen Behörden und jeweiligen Zuständigkeiten ein Projekt wie dieses gelingen kann. Anmerken möchte ich noch, dass immer die Nachnutzbarkeit der Produktlösung im Vordergrund stand, damit andere Behörden diese Lösung ebenso einsetzen können. 

Neugebauer: Zunächst einmal können die in den Workshops erarbeiteten Antragsstrecken für andere Ausländerbehörden genutzt werden; hier wurde umfangreiche Vorarbeit geleistet. Aber auch das im Projekt entwickelte Rahmenkonzept für die Freigabe und den Betrieb des Online-Fachdienstes kann in anderen Kommunen dienlich sein.

Aktuell wird unser Leben stark von der Corona-Pandemie beeinträchtigt. Inwieweit hat die Pandemie Ihre Projektarbeit beeinflusst bzw. die Art und Weise der Projektkommunikation?

Hanke: Zu Beginn des Projektes fanden noch Präsenzveranstaltungen statt. Mit der Corona-Pandemie wurden dann neue Wege gefunden wie Video- und Telefonkonferenzen. Eventuelle zwischenzeitliche Verzögerungen des Projektes durch die Corona-Pandemie wurden durch die Einführung der Distanzveranstaltungen, mittels Telefonkonferenz, kompensiert. 

Neugebauer: Ab Anfang 2020 waren Telefon- und Videokonferenzen unser Raum für lösungsorientierte Diskussionen. Das ist sehr gut gelungen. Dennoch hat die Pandemie zu einer zeitlichen Verzögerung des Projekts geführt, da die pandemiebedingten organisatorischen Herausforderungen für die Arbeit der Behörde zunächst Vorrang hatten.

Bei dem aktuellen Online-Antrag handelt es sich um eine erste Startversion. Welche Erweiterungen bzw. Neuerungen sind in den kommenden Monaten geplant? Was ist aus Ihrer Sicht in der Zukunft noch zu tun?

Neugebauer: In der Startversion kann ja zunächst nur ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung gestellt werden. Dabei soll es nicht bleiben. Weitere Antragsstrecken wie die Verlängerung dieses Aufenthaltstitels sowie Anträge für andere Aufenthaltszwecke, wie zum Beispiel zur Ausbildung oder zum Familiennachzug, sind bereits in Vorbereitung. Wir planen zudem die Übermittlung der Antragsdaten über XAusländer direkt in die Fachanwendung sowie die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems in unserer Behörde.

Hanke: Der derzeitige Online-Antrag ist eine Minimallösung. Damit ist der Anfang der Digitalisierung der Antragstellung gemacht. In den nächsten Schritten soll die Minimallösung erweitert werden. Hier sind die Bereiche „Auflagenänderung, Aufenthaltstitel aus familiären Gründen, und Niederlassungserlaubnis“ relativ leicht zu digitalisieren. Dazu kommen natürlich noch die verfahrensübergreifenden Komponenten des Personenkontos und des Bezahlwesens. Als große Herausforderung sehe ich in jedem Erweiterungsschritt die entsprechende Anpassung an die Datenschutzschutzvorschriften. Der nächste Schritt in dem Gesamtprozess sollte meines Erachtens die Nutzung des Online-Verfahrens durch sämtliche Ausländerbehörden des Landes Brandenburg sein. Auch die Nachnutzbarkeit durch andere Bundesländer darf nicht außer Acht gelassen werden.  

Welches (Zwischen-)Fazit ziehen Sie nach Erreichen des ersten Projektmeilensteins?

Neugebauer: Der erste Schritt in die richtige Richtung ist getan. Wir haben Erfahrungen gesammelt, die eine gute Grundlage für die Fortsetzung unserer Arbeit sind. Darauf freue ich mich sehr.

Hanke: Der erste kleine Schritt ist getan, jetzt müssen die großen Schritte folgen.

MIK Brandenburg: Frau Neugebauer, Herr Hanke – vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Marie Florschütz aus dem Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg.

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